Großes Potenzial bei der Einsparung von Plastikmüll
WWF-Studie: Wie Kreislaufwirtschaft für Kunststoffverpackungen funktionieren kann
Deutschland verschwendet wertvolle Ressourcen im Umgang mit Kunststoffverpackungen: Zu rund 90 Prozent werden sie aus Neukunststoff gefertigt,
über die Hälfte wird nach Gebrauch verbrannt. Jährlich sind das 1,6 Mio. Tonnen Kunststoffverpackungen im Wert von 3,8 Mrd. Euro. Trotz hoher Sammel-
und Recyclingquoten ist das deutsche Kunststoffsystem derzeit hoch linear, d.h. eine Einbahnstraße von der Produktion zur Entsorgung. Eine von WWF und
SYSTEMIQ gemeinsam erstellte Studie analysiert und quantifiziert die schon heute zur Verfügung stehenden Hebel im deutschen Verpackungssystem
und beweist, dass deutlich mehr Kreislaufwirtschaft bei Kunststoffverpackungen möglich ist. Zu den wichtigsten Stellschrauben zählen demnach innovative Wiederverwendungsmodelle, Vermeiden und Minimieren unnötiger Verpackungen sowie recyclinggerechtes Design.
Bis 2040 könnten auf diese Weise mehr als 20 Mio. Tonnen Kunststoff eingespart werden - das entspricht mehr als dem sechsfachen Jahresverbrauch an Kunststoffverpackungen in Deutschland. Die Analyse zeigt, dass Deutschland bis 2040 das Gesamtabfallvolumen um 40 %, den Verbrauch von Neuplastik
um rund 60 % und die Verbrennung von Abfällen zur Energiegewinnung um über 70 % reduzieren kann. Dies wäre ein wirksamer Baustein für den Klimaschutz:
68 Millionen Tonnen Treibhausgase können so bis 2040 eingespart werden. Läuft dagegen alles weiter wie bisher, wird allein die Herstellung und Entsorgung
von Kunststoffverpackungen ca. 5 % des deutschen Treibhausgasbudgets bezogen auf das 1,5 Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens beanspruchen.
Von der Wegwerfgesellschaft hin zur Kreislaufwirtschaft
"Verpackung aufreißen und wegwerfen - unser Umgang mit Plastik versinnbildlicht ein sorgloses und verschwenderisches Konsummodell, das mit den
planetaren Grenzen nicht vereinbar ist. Der Verbrauch von Kunststoffverpackungen steigt seit Jahren, gleichzeitig werden die Verpackungen immer komplexer
und schwieriger zu recyceln. Wir müssen bewusst einen anderen Kurs einschlagen, von der Wegwerfgesellschaft hin zur Kreislaufwirtschaft. Wir brauchen
weniger und bessere Verpackungen. Unsere Studie weist den Weg zu einem zukunftsfähigen und zirkulären Verpackungssystem", sagt Laura Griestop,
Expertin für Kunststoffe und Verpackungen des WWF Deutschland. Momentan machen Verpackungen und Einwegartikel fast 60 %
des deutschen Kunststoffabfalls aus. Pro Kopf fallen in Deutschland jährlich 39 kg Abfall allein aus Plastikverpackungen an, deutlich mehr als im
europäischen Durchschnitt.
Für den Zeithorizont 2040 zeigt die WWF-Studie drei konkrete Szenarien auf:
1. Weiter wie bisher
2. Die Entwicklung unter Berücksichtigung derzeitiger Verpflichtungen aus Politik und Wirtschaft, wie z.B. die Umsetzung der EU-Einwegkunststoffverordnung
3. Ein Systemwechsel, in den alle heute verfügbaren Hebel auf Kreislaufwirtschaft für Plastikverpackungen ausgerichtet würden
Die Analyse zeigt: Die bisherige politischen Verpflichtungen werden zwar die Recyclingquote steigern und die Verbrennungsrate senken, doch der
Abfallberg wächst weiter. Für einen Kurswechsel reicht das nicht. Selbst wenn alle aktuellen Verpflichtungen vollständig umgesetzt würden,
stiege der Bedarf an Neuplastik um 4 % an. Entscheidend für die Neuausrichtung ist ein grundlegendes Umdenken, das konsequent auf Abfallvermeidung
fokussiert statt nur auf die Erhöhung der Recyclingmengen wie bisher, betont der WWF.
Abfallvermeidung statt Recycling in den Fokus rücken
"Statt den Ex- und Hopp-Konsum mit Infrastruktur für Verpackungsabfälle aufzufangen, müssen Abfallvermeidung und innovative Mehrwegmodelle
ins Zentrum rücken", erläutert Laura Griestop. Schon der Verzicht auf unnötige Verpackungen würde den deutschen Plastikmüll um 8 % reduzieren.
Hierfür muss der Gesetzgeber klare Vermeidungs- und Reduktionsziele verankern. Als wichtigsten einzelnen Hebel identifiziert
die Studie Wiederverwendungsmodelle: Fast ein Viertel des Plastikmülls (bis zu 23 %) ließe sich bis 2040 durch erweiterte oder
innovative Mehrwegsysteme einsparen, beispielsweise durch Pfandsysteme jenseits des Getränkesegments, mehr Nachfüllkonzepte in Supermärkten
und wiedernutzbare Boxen im Transportsektor.
Auch im Recyclingbereich besteht Nachholbedarf. Deutschland verfügt mit hohen Sammelquoten im Dualen System eigentlich über eine gute
Ausgangsposition, doch immer noch landet viel zu viel Material in der Verbrennung, im Export, in offenen Recyclingkreisläufen und geht dem System
nach kurzer Nutzung verloren. "Aus Joghurtbechern und Shampooflaschen müssen wieder Verpackungen werden, keine Autositze oder Fußmatten.
Dafür muss die Recyclingfähigkeit der Verpackungen schon beim Design bedacht werden. Recyclinggerechtes Design kann die Kreislaufwirtschaft
erheblich verbessern und sowohl die Ausbeute als auch den Wert der Rezyklate steigern", sagt Griestop. Insbesondere Folienverpackungen bestehen
oft aus vielen verschiedenen, dünnen Plastikschichten, die sich nicht mehr voneinander trennen lassen, so dass sie fürs Recycling verloren sind.
"Monomaterialien, weniger Materialvielfalt, möglichst ungefärbte Behälter und leicht entfernbare Etiketten ersparen viel Arbeit und sind leicht
im Kreislauf zu halten". Und auch Hersteller von Verpackungen müssen öfter auf Recyclingmaterial zurückgreifen, bisher liegt der Einsatz
von Rezyklat nur bei 11 %.
Über die Studie:
Diese Studie ist eine quantitative Analyse, die eine neue, datengestützt und wissenschaftlich fundierte Perspektive auf die Ströme von
Kunststoffverpackungen in Deutschland bietet. Die Analyse bewertet verschiedene Strategien und quantifiziert erstmals deren Auswirkungen,
sowohl in Bezug auf das Volumen und die Recyclingfähigkeit von Kunststoffen als auch in Bezug auf Kosten, Treibhausgas-Emissionen und Arbeitsplätze.
Die Studien wurde im Auftrag des WWF von SYSTEMIQ und mit Unterstützung von inhaltlichen Experten entlang der Wertschöpfungskette erstellt.
SYSTEMIQ ist ein Beratungsunternehmen und Think-Tank, das sich der Erreichung der SDG und Pariser Klimaziele verschrieben hat.
(WWF Stand 17.8.2021) hier geht's zum Artikel
Diese Tüten sind aus Zucker
Sieht aus wie normales Plastik, hat dieselbe Funktion wie normales Plastik, wird aber aus Zucker und Milchsäure hergestellt. (Foto: Bio4Pack)
In den Niederlanden findet man diese kompostierbaren Verpackungen aus Bioplastik in vielen Supermärkten, in Deutschland nicht - wegen
aberwitziger bürokratischer Hürden.
Das Problem: Allein in Deutschland produzieren wir 14 Mill. Tonnen Plastik-Verpackungen pro Jahr, die teils in Hunderten von Jahren noch nicht
verrottet sein werden.
Die Lösung: Kompostierbare Verpackungen aus Zucker. Das funktioniert - nur die deutsche Bürokratie macht nicht mit.
(Süddeutsche Zeitung Magazin, 15.Oktober 2018)
Erfolgreiches Wegwerfprodukt
Zum 125. Geburtstag des Papiertaschentuchs hat das Statistische Bundesamt Zahlen zur Produktion des Taschentuchs herausgegeben.
Deutsche Produktionsmenge der Papiertaschentücher für 2018 : 148 000 Tonnen
Daraus ergibt sich ein Produktionswert von : 254 Millionen Euro.
Gegenüber dem Vorjahr stieg die inländische Produktion von Taschen- und Abschminktüchern aus Papier, Papierhalbstoff oder Zellstoffwatte um
10,7 Prozent auf ihren aktuellen Höchststand.